Fremdbild vs Selbstbild

Gäbe es nur einen Menschen auf dieser Welt, könnte er sich selbst nicht bewusst werden. Wir sind ein Spiegel für einander und entdecken uns in den Augen unseres Nächsten. Es ist deshalb wichtig seinem Gegenüber in die Augen zu schauen, weil man dort sein Spiegelbild betrachten kann. Was wiederum bedeutet, dass wir immer mit uns selbst reden, nur vermittelst unseres Nächsten.
Wir empfangen dauerhaft eine Information, die von außen kommt und in uns eindringt. Das Kleinkind, das sich nicht wehren kann, nimmt alles auf was ihm gesagt, gezeigt, zu spüren gegeben wird. So wie seine Eltern und sonstige Mitmenschen ihn sehen, so nimmt es sich schließlich wahr. Je älter das Kind wird, desto stärker rebelliert es gegen dieses Fremdbild, und oft wird ihm dafür eine Strafpredigt gehalten. Es lernt also, dass es falsch ist, wenn es dem Fremdbild nicht entspricht. Bis dieses Bild zum Selbstbild wird.
Und so pflegt man eine Persönlichkeit, die nur daran bemüht ist, anderen zu gefallen. Erntet man dadurch Lob und bedingte Liebe, Erfolge und Geltung, so mögen wir diese Persönlichkeit niemals aufgeben. Das Fremdbild ist vollkommen zum Selbstbild geworden.

Anders geht es dem kleinen Rebell, dem es nicht gelingt, sich den Erwartungen der anderen unterzuordnen. Unbewusst, will er sich seinem wahren Wesen bewahren, aber eben unbewusst. Und so entwickelt er ein Selbstbild, das dem Spott, der Verachtung, den Vorwürfen der anderen entspricht. Denn man handelt immer so, dass man seinem Selbstbild entspricht.

Doch es ist eben kein Selbstbild. Es ist das Fremdbild, mit dem man sich vollkommen identifiziert hat. Es wäre wichtig, sich von diesem zu lösen. Es wäre wichtig sich selbst gegenüber wieder integer zu sein.
Selbst die Erfolgreichen erleben Phasen der Verzweiflung. In solchen Momenten, wäre die Gelegenheit gegeben, sich mit sich selbst wieder zu verbinden. Doch es löst Angst aus, eine Angst von der man nicht weiß woher sie kommt. Um ihr zu entkommen, passt sich der Angepasste noch mehr an und der Rebell rebelliert noch mehr. Bis zum bitteren Ende. Den Fehler suchen wir immer bei uns selbst, um unsere Verzweiflung nachvollziehbar zu machen.

Nur weiß keiner wie das geht, sich mit sich selbst zu verbinden. Was muss man dafür tun?
In Wahrheit muss man Nichts dafür tun, sondern viel mehr aufhören zu tun, was man bisher getan hat: sich anpassen und rebellieren. Klar! Das kann das Leben auf den Kopf stellen. Wer ist schon darauf vorbereitet? Und, wozu ist man dann fähig? Wer ist man, wenn nicht mehr der, der man bisher war?
Ein Blick auf all das was bisher war, wird einem verraten wo seine Stärken liegen. Immerhin ist man schon soweit gekommen. Aber ab jetzt, macht man sich selbst ein Bild von sich selbst. Das klingt nach Kohärenz, Integrität. Wenn man das wieder entdeckt, vergehen alle Ängste vor dem, der man wahrhaftig ist.

Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft

Vergangenheit ist Ewigkeit
Gegenwart ist vergänglich… Und allgegenwärtig
Zukunft ist eine gegenwärtige Angelegenheit.

Der Kosmos ist ganzheitlich in dem Augenblick gefangen. Er ist ein einziger gegenwärtiger Moment, und was Lichtjahre von uns entfernt geschieht, geschieht nicht weniger in demselben Augenblick. Unabhängig davon, dass wir es Lichtjahre später wahrnehmen. Kein Teleskop schaut in die Vergangenheit. Vielmehr hohlt es sie sich in der Gegenwart. Wie ich, wenn ich ein Buch lese, das vor Jahren geschrieben wurde.

Unsere Wahrnehmung ist gefangen in dem flüchtigen, sich unendlich erneurnden gegenwärtigen Moment. Es gilt also, wie man so schön sagt, sich auf das Hier-und-Jetzt zu konzentrieren. Man kann sich nicht in einem zukünftigen Gedanke projizieren, der gerade entsteht. Alles ist also gegenwärtig, was in der Gegenwart geholt wird, sei es die Vergangenheit oder die Zukunft.

Hass und Liebe

Alles was wir verdrängen, drängt uns… in die Opferrolle!
Alles was wir in uns hassen, verachten wir in unserem Nächsten.
Alles wonach wir uns innerlich sehnen, lieben wir in unserem Nächsten.
Alles was wir in uns lieben, schenken wir unserem Nächsten.

Mehr haben wir nicht zu geben als das, was wir in uns lieben.
Mehr müßten wir uns nicht nehmen als das, was wir in uns annehmen.
Hast du nicht viel zu geben, so mußt du dir viel nehmen.

Schön ist nur das, was liebevoll betrachtet wird.
Hässlich ist nur das, was vollem Hass betrachtet wird.
Bist du Hasserfüllt, so lebst du in dem Mangel.
Bist du voller Liebe, so lebst du in der Fülle.

Hass erzeugt nur Ablehnung, nichts will zu dir.
Liebe erzeugt Annahme und alles kommt zu dir,
das sich angenommen fühlt.
Nicht beneidet, nicht begehrt. Nur angenommen.

Schliesslich drängt sich alles auf, was verdrängt wird.
Frustration, Minderwertigkeitsgefühl, Unsicherheit, Mangel, Sehnsucht, Leere…
All das verdrängen wir.
Verbitterung, Künstlichkeit, Überheblichkeit, Arroganz, Forderungen und Wollust…
All das drängt sich auf. Und setzt sich über das Verdrängte, das so übersetzt wird, denn nichts bleibt verborgen. Alles bahnt sich einen Weg nach draußen, ob Liebe oder Hass. Obacht, der nicht achtet.

Ablehnung – Anerkennung

Wer gegen die Ablehnung kämpft, investiert nicht seine Energie in seiner Anerkennung. Letzere bedarf nämlich keinen Kampf gegen etwas ausserhalb von sich selbst. Vielmehr bedarf sie eine Akzeptanz seines Selbst wider der Meinung anderer. Vielmehr geht es um die integere Entfaltung seiner Einzigartigkeit, und nicht um die Einverleibung einer Besonderheit, die einen Konsens zu erzwingen versucht.
Viele versuchen nun etwas besonders zu sein, und vergessen dabei, daß sie ohnehin einzigartig sind. Wir sind aber nichts Besonderes in unserer Einzigartigkeit, denn das sind wir alle. Vielleicht würde es weiter helfen, sich das selbst zuzusprechen anstatt, daß man die Bestätigung von außen zu erzwingen versucht. Sonst greift man zu Artefakten, die dazu dienen uns besonders zu machen, aber schlussendlich noch mehr Ablehnung erzeugen. Und so findet man seine Besonderheit in der Ablehnung selbst.

Es ist die eigene innere Angst davor, zu sich selbst zu stehen, die sich im außen in der erlittenen Ablehnung veräußert. So entlasten wir uns von der eigenen Verantwortung, indem wir die anderen beschuldigen. Mag sein, daß viele Menschen intolerant sind. Doch was kümmert uns das? Ist das wichtig für ein selbst von denjenigen akzeptiert zu werden, die es nicht können? Haben wir es erst dann geschafft, liebenswert zu sein? Um Liebe kämpft man tatsächlich nur, wo sie nicht zu finden ist. Wir lieben unsere Dramen, die uns ermöglichen uns zu spüren, weil wir uns nicht mehr fühlen.
Wer in dieser Falle der Besonderheit tappt, läuft Gefahr sich selbst vollkommen zu entfremden und wird sich immer weiter so travestieren, daß nur Ablehnung geerntet werden kann. Denn nur durch sie fühlen sie sich besonders. Am Ende werden sie dopplet bestraft: sie werden von den anderen für ihr „Besonders sein“ abgelehnt und werden sich selbst ihrer Einzigartigkeit nie bewußt.

Dieses „Besonders sein“, auf das die Betrofenen sich berufen, erzeugt eine IKEA Welt, in der sie versuchen sich mit den gleichen Artefakten eine besondere Persönlichkeit aufzubauen. Das Gute an IKEA nämlich ist, dass man sich bei allen wie zu Hause fühlt.

Brauchen

Es sind Grenzen, die man braucht. Werden sie nicht gesetzt, so brauchen wir das, was über die Grenzen hinausgeht, und das geht sehr weit, endlos weiter. Es ist eben grenzenlos.
Freiheit hat nichts mit grenzenlosen Forderungen, Ansprüchen zu tun. Freiheit hat mit Zufriedenheit zu tun.
Frei waren wir mal. doch wie hätten wir sie zu schätzen gewusst ohne jemals gefangen zu sein? Wie würden wir sie begehren, ohne sie erst verloren zu haben? Und so kam, dass wir uns fangen liessen… von den Ansprüchen und Forderungen, die uns treiben. Wir sind Sklaven unseres Verlangens. Ob wir sie ernten oder tragen, wir sind alle Sklaven unserer „Wolle“.

Und von ihnen gilt es sich zu befreien, um nicht mehr getrieben zu sein. Um nicht mehr mehr zu wollen, als nötig ist. Konsum ist Nötigung, keine Notwendigkeit. Der Windhund ist nicht frei, dem Kaninchen nachzulaufen, sondern dazu gezwungen, Opfer seiner Trieben. All das Zeug, das wir zu gebrauchen denken, zeugt vor unbefriedigten Bedürfnissen. Werden sie nicht befriedigt, so sind wir eben nie zufrieden… und freilich, nie frei. Nur so viel bedarf es… um glücklich, zufrieden und frei zu sein.

Bodenlos

Innen leer, außen voll. Alles wächst einem über den Kopf, doch das ist der Boden, den man unter den Füssen verliert. Kraft- und Energielos, erschöpft, schaufelt man sich durchs Leben eben. Es ist ein Loch, das wir graben, in dem wir liegen. Schliesslich. Es schließt sich.
Paradox über Paradox. Je mehr wir anhäufen, desto leerer fühlen wir uns. Wir leisten, keine Frage… wird geduldet. Ran an die Arbeit, keine Zeit zum nachdenken.
Das bedingte Leben beschert uns mit Dingen, einem Haufen Dingen. Also kämpfen wir uns weiter durch, um an den Dingen zu kommen. Durchhaltevermögen ist in Wahrheit Widerstand. Wir halten aus, integrieren nichts. Wo wir weiter kämpfen, widerstehen wir in Wahrheit dem Gefühl der Leere. Aus der Leere schöpfen wir die Kraft, mit der wir ihr widerstehen.
Wer will schon fallen, sich fallen lassen. Wir suchen Halt in all den Dingen, die wir anhäufen. Das was uns Halt gibt, ist gleichzeitig unsere eigene Grenze. Wir beneiden, wir begehren und fordern… Bodenlos ist der Mensch, mit seinen Ansprüchen. Nie genug. Zu Frieden kommen wir nie. Zufrieden werden wir nie. Zufriedenheit ist der Feind Nummer 1 des wirtschatflichen Wachstums.

Frieden herrscht nur in der Freiheit. Ein freier Fall ins Nichts, ohne Halt und Aufprall. Die Leere selbst ist Bodenlos. Vertrauen und loslassen statt klammern und kontrolieren. Letzteres raubt einem so viel Energie, denn das, dem wir widerstehen, wird immer größer: dem Sinn. Wo er fehlt, herrscht Ignoranz, eine Bodenlose Ignoranz.
Wer zu vielen Stimuli ausgesetzt ist, empfindet schließlich nichts mehr, nimmt nichts mehr wahr, weil es eben zu viel ist. Der Filter läuft über. So ist Depression nicht ein Leerlauf, sondern ein Überlauf. Es ist nicht so, daß man nichts mehr empfängt. Man ist überflutet, und alles ist verschwommen. Depression ist Gegendruck, gegen zu viel (Ein)Druck. Und in dem Moment, indem uns der Boden unter den Füssen verloren geht, macht alles keinen Sinn mehr.
Und nun sind wir ausgeschaltet, empfangen nichts mehr. Also wo ist sie nun, die gute Information, der gesunde Impuls, der in der Masse verloren gegangen ist? Das ist die Arbeit, die zu machen ist, um aus der Depression zu kommen.

Potenzial

Wie der Samen das Potenzial des Baumes in sich trägt, so sind wir Menschen ebenfalls ein Potenzial, das zum Leben erweckt werden will. Alles was der Mensch werden kann, steckt in jedem von uns. Und so wird der eine dies, der andere das.
Dieses Potenzial wird durch äußere Begebenheiten beeinflusst, denn wir sind nun mal verbunden mit unserer Umwelt. Ohne sie, könnten wir uns selbst nicht wahrnehmen. Das Verhängnis der zwischenmenschlichen Beziehungen liegt eben darin, dass wir dieses Potenzial zur Erfüllung vieler äußeren Erwartungen nutzen. „Und der Mensch schuff den Menschen zu seinem Bilde“. Wenn Menschen aufeinander projizieren, zwingen sie ihren Nächsten zu etwas, das sie kontrolieren können oder in sich selbst nicht ertragen. Und so erstickt die Individualität eines jeden in Keim.

Äußere Grenzen können gesetzt werden bis sie zu unseren inneren Grenzen werden und wir uns selbst einschränken. Deshalb bauen so viele Männer Muskel auf, weil sie so „eingeschrankt“ sind… in ihrer Wahrnehmung. Es ist aber keine Fatalität und wir sind nicht dazu verdammt, in den Schranken zurückgewiesen zu sein. Davon können wir uns befreien, indem wir lernen uns nicht mehr darum zu kümmern, womit wir nichts zu tun haben, uns nicht mehr zu sorgen, was andere von uns denken und erwarten. Das alles bereitet uns Kummer und Sorgen.

Es bedeutet nicht, andere nicht zu beachten. Ihre Meinung darf uns weiter interessieren, sie bleibt aber ihre und wer zu sich steht, fürchtet sie auch nicht. Ihre Bedürfnisse sind legitim, werden aber nicht zu unseren Verpflichtungen. Es geht darum, auf sich selbst zu achten, die eigene Integrität zu bewahren, und das macht uns oft nicht liebenswert in den Augen der anderen. Doch das hat allein mit ihnen zu tun, darum brauchen wir uns nicht „kummern“.

Damit machen wir uns natürlich keine „Freunde“, eher Feinde. Ist es aber nicht erstrebenswert sich von denjinigen zu lösen, die uns in unserer Entwicklung einschränken? Sollte das Raubtier das Gehege nicht verlassen, in dem es gefüttert wird? Es braucht Mut, Selbst-verständigt. Dafür wird das Tier lernen müssen selbstständig zu jagen. Dafür müssen wir lernen Selbst zu sein. Aber dann entsprechen wir unserer wahren Natur. Aber dann, wird unserem Potenzial keine Grenzen mehr gesetzt.

Es geht also nicht darum, ein anderer zu sein, sondern viel mehr den einen nicht mehr zu sein, den wir denken, anderen vorspielen zu müssen. Und wir identifizieren uns nicht mehr mit und definieren uns nicht mehr durch die Rolle, sondern wir prägen die Rolle mit unserer ganzen Individualität. Diesen Prozess nannte Jung die „Individuation“.

Angst oder Furcht

Furcht löst Angst aus, ist aber nicht die Angst selbst. Wir fürchten uns vor etwas, das wir bereits erlebt und nicht überwunden haben. Wir können uns aber auch vor etwas fürchten, ohne zu wissen warum. Das ist der Fall bei Phobien.

Fürchten tun wir uns vor etwas ausserhalb von uns. Furcht wird uns eingetrichtert, eingeredet, sodass sie in uns Angst auslöst. Angst ist kein Feind. Sie ist ein Werkzeug, das Wachsamkeit erzeugt, damit wir Gefahren erkennen und entsprechend handeln. Angst wird immer wieder aufs Neue überwunden, wenn die Gefahr vorüber ist.

Doch, was passiert wenn wir uns zum Beispiel vor etwas fürchten, etwa einer Pandemie, einem Krieg, einem Klimawandel, oder aber auch einer Spinne, einem Hund, sozialen Interaktionen, über das wir keinen Einfluss haben? Die Angst wird aufrechterhalten. Wir können, so glauben wir, die Gefahr nicht beseitigen.

Nicht also die Angst muss besiegt werden, sondern die Furcht. Gelingt es uns, diese zu besiegen, so können wir auch die Angst überwinden. Gelingt uns das nicht, so möchten wir unsere Angst legitimieren und wir unterwerfen uns der Furcht, ohne zu erkennen, dass diese von außen kommt und wir etwas dagegen unternehmen können. Erkennen wir diese als irrational, so entziehen wir ihr ihre Macht und die Gefahr kann beseitigt werden, was die Angst in uns schwinden lässt.

Angstzustände resultieren aus äußeren Befürchtungen, die eine Macht auf uns ausüben. Die Angst ist legitim, nicht aber die Befürchtungen, die sich nur von der Angst nähren, die sie selbst auslösen. Die Furcht trinkt am Hahn der Angst, den sie aufdreht, weil sie befürchtet, dass sie verdurstet.

Selbstfindung

Der Fluss sucht sich nicht selbst, er fließt bis zum offenen Meer, umgeht Hindernisse, zeichnet Kurven und entsteht erst nachdem er die Quelle mit dem Meer verbunden hat, mit dem er sich vereint.

Er treibt mit sich den Mühl, den wir hineinkippen, wie so viel Leid aus dem Leib. Im Meer, kristalisiert all dieser Mühl zu Salz, dasselbe das unsere Leib-Gerichte Meer-Geschmack verleiht. Wir werden eben mit unseren eigenen Sünden gesalzen und werden bewusster.

Nehmen wir an, das Festland ist das Bewusstsein und der Ozean, das Unterbewusstsein. So wird dem Fluss, der sich durch das Bewusstseinsland schlängelt, bei jedem überwundenen Hinderniss immer mehr bewusst. Und just in dem Augenblick, indem er im Ozean des Unbewussten mündet, ist sein Bewusstsein am Höchsten, denn dort, ist er sich vollkommen bewusst. Dort erfährt er das gesamte Potenzial seiner Quelle. Und dort wird er wieder zum Unbewussten, in dem aber das gesamt Bewusstsein fließt. Und so kommt, dass das Unbewusste gleichzeitig das Bewusste ist.

Nun stellen Sie sich ihr „Selbst“ genau so vor. Wie der Fluss, schöpfen Sie ihre Kraft aus ihrer Quelle, lassen es Schritt für Schritt entstehen, sowie der Fluss Meter für Meter wächst. Eines Tages kommt der Moment, indem Sie ihr Potenzial vollkommen entfaltet haben und Sie sich ganzheitlich erfahren. Doch es war keine Suche, sondern ein Weg und wo immer sie stehen, ist der Weg immer der Richtige.

Wer aufhört zu suchen, hat bereits gefunden.

Zeitraub

Es gibt so viel, was ich gerne tun würde, aber ich habe so viel zu tun!

Wer schneller lebt, lebt nicht länger. Das Ziel des Lebens ist der Tod und wer schneller rennt, erreicht ihn auch schneller. Kennen Sie das Paradox der Zwillinge? Der Zwilling A, der durch das All mit Lichtgeschwindigkeit schießt, während sein Bruder E auf der Erde bleibt, ist nach einer bestimmten Dauer jünger als sein Bruder E. Daraus könnte man also schließen, dass Geschwindigkeit jung hält. Lebt deshalb der Mensch immer schneller?

In der Musik machen die Pausen die Melodie, und so ist es mit dem Leben auch. Ich fragte einst Kindern wie oft ihre Eltern „schnell“ sagen: „zieh dich schnell an!“, „Wasch schnell die Hände!“, „Steig schnell ein!“, „Geh schnell auf Toilette!“. Kinder erleiden das Tempo ihrer Eltern als wären sie lästig, wenn sie sich dem nicht anpassen können. Dadurch wird ständig Druck auf sie aufgebaut und man wundert sich, dass die Kinder irgendwann nicht bei sich sind, abgelenkt und unkonzentriert sind. Dafür geben wir ihnen aber gar nicht die Zeit.

Kinder, die nie erfahren, dass sie sich für gewisse Sachen die nötige Zeit nehmen dürfen, lernen ungeduldig zu sein. Ihre Frustrationsschwelle wird sehr niedrig, was zu fordernden Persönlichkeiten führt und schlussendlich, zu unheimlich viel Stress. Es ist also wichtig zu entschleunigen, und wenn nicht für uns selbst, dann wenigstens für unsere Kinder. Profitieren werden wir sowieso alle davon.

Zeit haben wir in Wahrheit, wenn wir langsam gehen. Weil Zeit eine nicht existierende Sache ist, sondern eine Illusion, verwechseln wir sie mit Dauer, also Distanz. Dauer und Distanz sind ein und dieselbe Sache, denn Zeit lässt sich nur durch Bewegung messen. Wenn A und E mit unterschiedlichem Tempo einen Punkt P erreichen wollen, legen sie die gleiche Distanz zurück, nur nicht in der gleichen Zeit. A, der schneller ist, braucht 10 Minuten um bei P anzukommen, während E 20 Minuten braucht. Wer hat also mehr Zeit?

Wir haben also nicht mehr Zeit, wenn wir schneller gehen, wir packen nur mehr in einer gleichen Dauer rein. An dem Punkt stellt sich die Frage der Wahrnehmung, der Wertschätzung für das was einem begegnet.

Den Menschen wird es nie langweilig, und das ist das eigentliche Problem. Ihnen wird kurzweilig, sobald sie zum Stillstand kommen. Aber wer nie stoppt, kommt doch nie an. Lassen wir uns das mal durch den Kopf gehen.